Vilhelm Moberg – In der neuen Welt (Teil 2)
Originaltitel: Invandrarna
Meine Bewertung: Diese Saga bewerte ich INSGESAMT mit einer 10/10
In diesem Teil der Saga erreicht die schwedische Gruppe nun Taylor falls.
Taylor Falls ist eine kleine, nein, eine winzige Gruppierung von Auswanderern, unter denen sich Anders befindet, der Sohn von Fina-Kajsa. Diese Erkenntnis ist für die alte Frau ernüchternd, denn sie hatte eine weites Gut erwartet: Die Farm ihres Sohnes gleicht nicht im Geringsten einer solchen.
Anders ist kein fleißiger Mann, und, anders als er es in seinen Briefen beschrieb, hat er seinen Besitz nicht erblühen lassen und ist weit davon entfernt der Besitzer eines großen Hofes zu sein, welcher in Wirklichkeit nichts anderes als eine kleine Hütte ist.
Seine Mutter hat mit dieser Enttäuschung zu kämpfen und Schwierigkeiten, die Realität zu akzeptieren, doch sie hat keine andere Wahl.
Die Einwanderer erfahren hier, dass sie aus die Möglichkeit haben, aus einer besonderen Regelung Nutzen zu ziehen: Sie können squatter werden. Dafür müssen sie einen claim auf 130 Hektar Land erheben, die sie dann roden und bepflanzen können und wenn dieses Land dann zum Verkauf steht haben sie Vorrang. Was bedeutet, dass sie die Möglichkeit haben, ihr Land erst einige Jahre später zu zahlen! Das wird den einen und anderen genügend Zeit lassen sich niederzulassen und ausreichend Geld zu verdienen, kurz, sich sofort ein zu Hause zu schaffen und wirklich, ohne zu starken Druck, von ihrer Arbeit zu leben.
Diese Chance bietet sich Karl Oskar und Kristina genau zum rechten Zeitpunkt, denn das Geld, was sie aus dem Verkauf ihres Hofes in Smâland bezogen hatten, ist sehr viel geringer geworden, denn die reise länger und teurer als vorgesehen. Karl Oskar besitzt fast nichts mehr, selbst nicht ausreichend um eine Kuh zu kaufen – was aber unabdingbar ist, wenn sie den Winter überleben wollen.
Die Männer ziehen also los um den Ort zu suchen, an dem sie ihr Zuhause aufbauen wollen. Während Danjel und Jonas Petter sich auf dem erstbesten Grundstück niederlassen, welches ihnen zulächelt, zieht Karl Oskar es vor weiter zu suchen und beschließt sich auf einem etwas abgelegenen Grundstück niederzulassen, am Ufer des wunderbaren Sees Ki-Chi-Saga (was in der Sprache der Indianer „schöner See“ bedeutet).
Er kommt hier an einen Ort, an den niemals ein Mensch den Fuß gesetzt hat!
Die Einwanderer helfen sich gegenseitig um ihre jeweiligen Wohnhütten aufzubauten, aber Karl Oskars Familie ist so isoliert, dass die nächste Farm in einer Stunde Entfernung liegt.
Karl Oskar macht sich also an die Arbeit, errichtet ein Haus aus Holz und bereitet alles vor, was er schaffen kann bevor der Winter hereinbricht. Und er ist glücklich, denn er ist zu Hause, er baut hier die Zukunft seiner Familie auf.
Doch der bevorstehende Winter wird hart, denn sie besitzen keinerlei Reserven, keine Ernte, nicht einmal eine Kuh die ihnen Milch geben könnte, und Karl Oskar hat nicht mehr viel Zeit um einen geeigneten Schutz vor der Kälte zu erbauen.
Sein Bruder Robert seinerseits ist unzufrieden. Er ist nicht an seinem Ziel angekommen, denn er träumt nur von einem: Weiterziehen um Gold zu suchen. Er ist Männern begegnet, die nach Kalifornien mit seinen Goldfeldern gingen und er selbst hört ihn, den Ruf des wertvollen Metalls. Er möchte keine Felder bebauen und versteht seinen Bruder nicht. Wozu? Arvid, sein treuer Freund, hört ihm mit offenem Mund zu wenn er davon berichtet dass man in Kaliforniern das Gold nur aufzulesen braucht. Das alles klingt so fantastisch! Das wollen sie tun, doch der Winter ermöglicht es ihnen nicht weiterzureisen und so müssen sie noch bis zum ersten Tauwetter hier verweilen.
Die Frauen bereiten ihrerseits den Winter vor. Kristina steht Ulrika nun sehr nahe, die beiden sind enge Freundinnen geworden und Ulrika wird ihr auch bei der Geburt ihres Kindes beistehen.
Danjel ist entspannter. Er hat seine verbissene Religion aufgegeben und ist nunmehr ein frommer Mann, der den Winter gemeinsam mit Jonas Petter vorbereitet. Dieser hat vor, nach dem Winter seine eigene Wohngelegenheit zu erbauen und bleibt in der Zwischenzeit bei seinem Nachbarn.
Die schwedischen Pioniere erreichen so ein fremdes Gebiet, welches zuvor von Indianern bevölkert war. Diese Männer mit der bronzefarbenen Haut machen sie neugierig, denn deren Lebensweise ist so anders als die ihre. Sie begegnen regelmäßig diesen seltsamen Menschen und sind zunächst verängstigt, doch stellen schnell fest, dass die Ureinwohner ihnen nicht feindlich gesinnt zu sein scheinen.
Dieser Teil der Saga ist voller Leben und neuen Entdeckungen, so dass es schwer wird, das Buch aus der Hand zu legen. Man verschlingt die Zeilen, es ist ein einziges Vergnügen gemeinsam mit der kleinen Gruppe Amerika zu entdecken, wie das Land war bevor der weiße Mann es betreten hat.
All diese Schwierigkeiten, aber auch all diese Träume die sich hier in der Neuen Welt verwirklichen möchten!
Wir entdecken die Flora und Fauna, und alles ist so anders als die Schweden es kannten – sie halten sogar ein Stinktier für eine Katze!
Die Naivität der Pioniere ist rührend und ihr Mut beeindruckend. Aber in Wirklichkeit sind si ja nur aus unserer Sicht naiv, denn damals waren sie einfach unerschrocken, und wie hätten sie eine so andere Welt kennen können?
Man braucht sich das nur vorstellen: Sie kommen mitten in einem Wald an, wo es absolut nichts gibt, die nächste Stadt ist Tagesreisen entfernt, und hier sagen sie sich: So, hier werden wir leben. Dann legen sie ihr Gepäck in einer Lichtung, am Rand eines Teiches ab und beschließen dass dies nun ihre Heimat ist.
Das ist eigentlich unmöglich, und sie haben es dennoch getan und sich so niedergelassen. Das Jahr 1851 kann nur schwierig werden!
Es sind einfache aber solide Menschen, die dieses großartige Abenteuer erleben. Ihre kleine Gruppe hält fest zusammen und sie bezwingen alle Schwierigkeiten gemeinsam.
Was für Karl Oskar am härtesten ist, das ist seine Armut. Er ist es, der am wenigsten cash in seinen Taschen hat und niemand gibt ihm Kredit. Er kommt geldlos in einem fremden Land an, dessen Sprache er nicht beherrscht. Das ist für ihn sehr hart. Und so, als der erste Brief aus Schweden ihn erreicht um ihnen die lang ersehnten Neuigkeiten ihrer Eltern zu berichten, hat Karl Oskar nicht einmal die fünfzehn Cent, die nötig sind um das Porto zu bezahlen, denn der Brief war nicht ausreichend frankiert.
Dieser Teil der Reise bringt auch sehr lustige Momente mit sich, wie die Verfassung des Almanach für das Jahr 1851 durch Robert. Ich konnte nicht anders als lachen während ich diese wenigen Linien las, dabei spürt man, dass Robert wirklich darüber nachgedacht hat und sich bemüht, seine Kenntnisse weiterzugeben. Oder auch die Art und Weise wie die Pioniere ihr neues Land betrachten, das ist wirklich ergreifend und man kann nur staunen wie sie hier überleben konnten – aber das ist so leicht so etwas zu sagen, 150 Jahre später!
Ich erlaube mir nun, zwei kleine Sätze zu zitieren, die die Indianer betreffen und deutlich ihren doch unvoreingenommenen Blick auf diese neue Welt die sie umgibt zeigt: „… Wenn man sie töten will (die Indianer), dann wehren sie sich hartnäckig und greifen die weißen Siedler an…..“ ; „Die Indianer sind Heiden aber sie essen keine Menschen, wie Heiden es sonst aus Unwissenheit tun …“.
Und so bereiten sich die Pioniere an diesem Jahresende darauf vor, ihren ersten Winter in Minnesota zu verbringen, in einem kleinen Holzhaus am Ufer des Ki-Chi-Saga.
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