Minette Walters – Die Bildhauerin
Originaltitel: The Sculptress
Meine Bewertung: 8/10
Ein wirklich guter Minette Walters!
Es tut richtig gut, einen wirklichen Kriminalroman zu lesen, dennoch eine eigene Persönlichkeit aufweist. Aber es stimmt schon, dass man sich mit Minette Walters natürlich nicht wirklich irren kann.
Aber kommen wir zum Wesentlichen: Dem Fall
Der Plot ist blutig
Ein furchtbares Drama ist im Jahr 1988 in Dawlington geschehen. Eine junge, dreiundzwanzig jährige Frau hat ihre Mutter und ihre Schwester brutal ermordet und dann versucht diese in Teile zu zerlegen um ihre Tat zu verbergen, wodurch sie ein Blutbad hinterlassen hat. Als sie dann feststellen musste, dass die die Leichen nicht vor der Rückkehr ihres Vaters entfernen konnte, hat sie die Polizei gerufen.
Sie wurde für diese Morde, die sie auch gestanden hat, zu einer lebenslangen Haft verurteilt und sitzt so seit einigen Jahren im Gefängnis.
Dieser Fall hat durch seine Brutalität beeindruckt, umso mehr da Olive Martin, die Täterin, selbst schon die Verkörperung einer abstoßenden Frau darstellt: Sie ist fett, mit dünnen und fettigen Haaren, sie besitzt keinerlei Charme und keinen Humor und bemüht sich auch nicht im geringsten um sympathisch zu erscheinen.
Das Motiv, welches sie zu dieser Tat verleitet hat, ist ebenso abscheulich wie sie selbst: Olive sagt, sie habe ihre Mutter und ihre Schwester getötet da man ihren Geburtstag nicht gefeiert hatte, den ihrer zwei Jahre jüngeren Schwester aber schon, dass für letztere nichts schön genug gewesen sei.
Dieses Familiendrama geht durch die Medien und fasziniert durch seine Grausamkeit.
Rosalind Leigh, genannt Roz, eine Schriftstellerin auf dem absteigenden Ast, stimmt zu ein Buch über dieses armselige Verbrechen zu schreiben um ihrer Karriere einen neuen Schwung zu geben und fährt zu dem Gefängnis um sich mit Olive Marti zu unterhalten. Schon bald hat sie ein unheimliches Gefühl, nämlich einer sicher äußerst unsympathischen Frau gegenüberzusitzen, aber einer Frau die dennoch unschuldig ist.
Dieses Gefühl verlässt die junge Frau nicht mehr, obwohl Olive Martin sich nie als ei unschuldiges Opfer gezeichnet. Roz fragt sich also – und wenn sie sich nun irrt? Schützt Olive vielleicht jemanden?
Irgendetwas stimmt jedenfalls mit diesem Fall nicht und je mehr die Autorin sich in der Nachbarschaft umhört, desto mehr zweifelt sie an allem. Warum ist der Vater, der einzig Überlebende dieses Massakers, nie weggezogen? Warum behaupten all, dass Olive ihre Schwester vergötterte, obwohl sie selbst das Gegenteil aussagt? Hatte Olive einen Liebhaber oder hat sie ihre angeblich erzwungene Abtreibung nur erfunden?
Es gibt hier so viele Rätsel die Rosalind einfach nicht versteht, sie findet lauter Puzzleteile die nirgends einen Platz finden. Manche Aussagen beschreiben Olive als liebes, hilfsbereites Mädchen aber diese Indizien werden sofort wieder durch die belegten und anerkannten Tatsachen widerlegt.
Die größte Frage bleibt offen: Warum hat Olive die Tat nie bestritten und hat auch nie versucht sich tatsächlich zu verteidigen?
Rosalind Leigh wendet sich an den Polizisten, der damals die Untersuchungen leitete. Ein genauso beunruhigender wie anziehender Mann der scheinbar die Situation etwas zu schnell beurteilt hat als er damals auf dem Tatort eintraf.
Eine packende Polizeiermittlung
Was dieser Roman so besonderes an sich hat, das ist seine Einfachheit. Wir haben einen Mort, einen offensichtlichen Täter, einen Zweifel an seiner Schuld, und folgen nun den Untersuchungen Schritt um Schritt; dies alles begleitet durch die sichere Hand der Minette Walters, die mit Leichtigkeit sowohl die Personen als auch die Situationen beschreibt und es gleichzeitig vermag unter allen Umständen den lockeren Schleier eines Geheimnisses über alles zu legen.
Nehmen wir zum Beispiel Olive: Sie ist wirklich abstoßend, ihr Charakter schwer einschätzbar, man schafft es nicht sich eine genaue Idee zu schaffen und sicher zu sagen ob sie nun eine liebe Frau ist oder nicht. Ist sie schuldig, oder nicht? Und warum? Eine geheimnisvolle Figur die zwischen den Extremen hin und herschwankt.
Olive bleibt bis zum Ende eine Persönlichkeit, die sich in sich selbst verschließt und Rosalind hat die größten Schwierigkeiten auf den Kern vorzudringen, wenn es ihr denn gelingt.
Auch der Leser hat, wie Rosalind, Schwierigkeiten eine Verbindung zwischen den verschiedenen Dingen, die aufgedeckt werden, zu knüpfen und man kann es einfach nicht entscheiden: Wer sagt die Wahrheit, wer lügt?? Welches sind die Tatsachen, welche sind frei erfunden? Wie waren nun die Beziehungen zwischen den Mitgliedern der Familie Martin? Keiner stand ihnen nahe genug um sie zu kennen und er Vater ist tot. Übrig bleibt nur die verschwiegene Olive.
Rosalind, die sich ein wahres Ermittlungstalent entdeckt, ist sehr sympathisch, im Gegensatz zu Olive. Sie ist menschlich, warm, sie ist die einzige die über die wirklich abscheuliche Fassade der Olive hinwegsieht, die bis hierhin alle abgeschreckt hat, und die mutig genug ist jemanden den sie liebt zu verteidigen, auch wenn sie manchmal etwas übertriebene Reaktionen hat. Sie ist eine Romanheldin die man gerne verfolgt, sie drängt uns ihre Persönlichkeit nicht auf sondern lässt uns einfach an ihren Untersuchungen teilhaben.
Auch die zweitrangige Geschichte des Inspektors, der damals mit dem Fall betraut wurde und der nun Schwierigkeiten hat sein Restaurant in Gang zu bringen gibt dem Buch ein wenig Peps.
Kurzum, dies ist ein wirklicher Krimi, mit einem Fall den man gerne zu lösen sucht, mit einer begrenzten Anzahl von Charakteren, die wir uns so alle gut vorstellen können, wie wir uns auch die verschiedenen Verbindungen zwischen den einen und anderen vorstellen können und uns dann wirklich freuen wenn endlich jedes Puzzleteil doch seinen Platz findet um uns das versteckte Bild zu offenbaren.
Bis zum Schluss macht es einem richtig Spass zu raten und Hypothesen aufzustellen.
Ein wirklicher Kriminalroman, zu dessen Lektüre ich nur raten kann.
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