Jussi Adler-Olsen – Erwartung

Originaltitel: Marco Effekten

Meine Bewertung: 6/10

Dieser fünfte Band der Ermittlungen des Sonderdezernat Q ist der erste der mich enttäuscht hat, es ist der erste in dem diese feine Mischung zwischen Kriminalroman und Thriller nicht funktioniert.

„Erwartung“ ist deswegen kein schlechter Roman, bei weitem nicht, er ist nur weniger fesselnd als die vier vorherigen Ermittlungen.

Der Plot:

Alles beginnt mit einer Humanitären Hilfsprojekt in Afrika, ein Fonds wird geschaffen um ein kleines Volk zu unterstützen, welches tief im Dschungel lebt. Als William Stark, ein ordentlicher Bankangestellter der mit der Aufsicht des Projektes betraut wurde, eine unverständliche SMS erhält beginnt er sich für den wirklichen Verbleib der Gelder zu interessieren …. und verschwindet.

Vier Jahre vergehen und er wäre wohl nie wieder aufgetaucht, wenn nicht ein junger illegaler Einwanderer, der einem Bettlerklan angehört, aus letzterem geflüchtet wäre und sich genau dort versteckt hätte wo die Leiche von William Stark vergraben wurde. Diese unfreiwillige und makabre Entdeckung ist der Beginn einer langen Jagd für den jungen Marko, denn er weiß nun zu viel um am Leben zu bleiben und muss einen Weg finden seiner Familie zu entkommen.

Das Dezernat Q, unter der Leitung von Carl Mørck, beschließt sich dieser Akte anzunehmen, die recht langatmig und uninteressant erscheint, bis ihr Weg Markos kreuzt. Der junge Mann ist in den Straßen Kopenhagens untergetaucht und wird dort von den Mitgliedern seines Klans gejagt, deren Ziel es ist, ihn ebenfalls verschwinden zu lassen.

Also?

Schon beim Lesen der Zusammenfassung erkennt man auf Anhieb den Unterschied zu den vorhergehenden Fällen. Die Handlung scheint zu gut aufgebaut – ein obskures Hilfsprojekt, Bankpolitik, Finanzinteressen, ein professioneller Bettlerklan und ein flüchtiger Teenager, ein zu ehrlicher und verschollener Bänker …. Von Beginn an ist das etwas schwerfällig.

Schon schnell erkennt man einen weiteren Unterschied zu den anderen Akten: Wir verfolgen unerträglich lange den jungen Marko, der vor seiner Familie, Killern und allen Kleinkriminellen flüchtet welche ihn durch die alle Strässchen von Kopenhagen jagen. Das ist ja alles schön und gut, aber dieses Versteckspiel nimmt einen großen Teil des Buches in Anspruch, auf Kosten der Untersuchungen von Carl Mørcks Team (welches nun zum Leidwesen Carl Mørcks ein viertes Mitglied aufweist).

Das Sonderdezernat Q ist in diesem Band ganz klar nicht wirklich präsent, denn drei viertel davon verfolgen andere Romanaspekte, wie eben Marko (ungefähr die Hälfte des Buches) und die Finanzintrigen (ungefähr ein Viertel des Buches).

Das hat zum Ergebnis dass dieses Mal Carl Mørcks Team so wenig ermittelt, dass es andere sind, die den größten Teil der Arbeit tun. Die SMS welche alles ausgelöst hat ist da ein gutes Beispiel, denn das Dezernat Q wird sie weder sehen noch analysieren. Auch weitere Rätsel des Falles werden von anderen gelöst und das fertige Ergebnis den Polizisten eigentlich nur geliefert damit der Roman sich mit der Archivierung der Akte enden kann.

Das alles hat dann zum Ergebnis, dass wir nicht wie sonst einen Kriminalroman in der Hand halten, der sich dann in einen Thriller verwandelt, sondern einen Thriller der eine Krimi-Maske trägt.

Es handelt sich dennoch auf keinen Fall um ein schlechtes Buch, es ist nur so, dass man im Vergleich zu den anderen Romanen des Autors enttäuscht ist.

Es bleibt gut geschrieben, gut strukturiert und der Plot ist standfest und glaubhaft aufgebaut, die Finanzintrigen sind faszinierend und man kann nur staunen, was für eine Gewalt sich hinter den gut gebügelten Hemden der Hilfsprojekt-Financiers versteckt.

Ein weiterer positiver Punkt des Romans ist die persönliche Entwicklung Carl Mørcks. Er fängt an zusammenzubrechen, er wird schwach. Der Leser leidet mit ihm und man spürt, dass er an seine psychischen Grenzen gerät und dennoch weitermacht, was es ihn auch kosten mag.

Assad erholt sich langsam und wird wohl keine Folgeschäden behalten, Rose nimmt einen größeren Platz in dem kleinen Team ein, welches durch die aufgezwungene Anwesenheit von Gordon (dem neuen Mitglied des Dezernats) aus dem Gleichgewicht gebracht wird, was Carl Mørck noch mehr belastet.

Wenn dieser Band auch nicht mit den vier ersten Schritt halten kann, bietet es dennoch, trotz so mancher Länge durch den „Marko-Effekt“ (kleiner Scherz, der Originaltitel ist „Marco effekten“), eine angenehme Lektüre

Ich freue mich nun schon auf „Verheißung“ ….

 

Die weiteren Bücher dieser Reihe sind:

  • „Erbarmen“
  • „Schändung“
  • „Erlösung“
  • „Verachtung“
  • „Erwartung“
  • „Verheißung“
0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert