Helen Fielding – Bridget Jones: Verrückt nach ihm
Originaltitel: Bridget Jones: Mad about the Boy
Meine Bewertung: 6,5/10
Dieser dritte Band wurde recht hart kritisiert und von der Presse schlecht bewertet, als er herauskam. Ich bin da jetzt nicht so kategorisch.
Ich verstehe ganz klar, warum man diesen Roman kritisiert hat und kann bei manchen Punkten auch nur beipflichten.
Allerdings bin ich nicht vollkommen einverstanden denn ich habe immerhin Bridget Jones wieder angetroffen, nachdem sie Mutter wurde.
Das Problem ist, dass es Helen Fielding war, die die „Chick-Lit“ ins mit ihrem „Tagebuch der Bridget Jones“ ins Rollen brachte und damit das Ziel hochgesteckt hat – und somit auch die Erwartungen der Leser (oder wohl eher Leserinnen). Man erwartet etwas Neues – und hier gibt es nichts Neues!!
Vom Alter der Romanheldin abgesehen. Und so ist man unweigerlich etwas enttäuscht wenn man dieses Buch liest, welches eben einfach nur ein Chick-Lit-Roman mehr im Meer dieses Genre ist.
Der Plot:
Bridget lebt alleine mit ihren beiden Kindern, Billy und Mabel. Ihr Mann, Marc Darcy, ist verstorben und sie erholt sich nur schwer von diesem Verlust.
Zwischen den Einkäufen und ihren Mutterpflichten schreibt Bridget desolate und vollkommen erfolglose Drehbücher.
Nach nunmehr vier Jahren Einsamkeit geht sie auf eine Beziehung zu einem dreißigjährigen Mann ein, der also viel jünger ist als sie selbst – denn in diesem Roman ist Bridget 51 Jahre alt.
Der Rest ist das normale Leben der Bridget, zwischen ihrer Ungeschicklichkeit, ihren unwichtigen Sorgen und ihrem vollkommen chaotischen aber doch rührenden Leben.
Natürlich ist von Beginn an alles vorhersehbar, aber diesen Fehler verzeiht man in der Chick-Lit ja, denn das ist hier oftmals der Fall.
Also???
Beginnen wir doch am Anfang, der nun wirklich misslungen war. Danach werde ich ein paar Worte zu den strategischen Wahlen sagen, die wirklich ebenfalls ungünstig und kontraproduktiv ausgefallen sind.
Ein vollkommen nebelhafter Anfang:
Der Beginn des Romans war ungeschickt und stolprig, ja sogar katastrophal.
Die Autorin hätte das gesamte erste Kapitel noch einmal überarbeiten sollen. Der Stil ist nicht vorhanden, es ist keinerlei Rhythmus erkennbar, wir werden einfach in eine lächerliche Läuse-in-Kinderhaaren-Geschichte geschleudert, die sich dann mit schmerzhaften Erinnerungen an den verstorbenen Marc Darcy mischt wie aber auch mit der Anwesenheit eines jungen, dreißigjährigen Mannes in Bridgets Leben.
Das ist wirklich misslungen. Der Beginn verleitet einen beinahe dazu, das Buch wieder zu schließen. Dieses Kapitel sollte tatsächlich von A bis Z neu geschrieben werden.
Glücklicherweise nimmt das Buch dann rasch wieder seinen lockeren und spielerischen Rhythmus auf, auch wenn diese Läuse-Sache wirklich zu oft wiederkehrt (die zudem noch alles andere als lustig ist).
Wir beobachten Bridget, die sich an Twitter versucht, die ihre Cougar-Seite entdeckt, die Schwierigkeiten hat, sich an ihren Zeitplan zu halten. Wie schon damals, als sie noch dreißig war. Die Handlung selbst ist natürlich ohne großes Interesse, aber für diese Art Buch korrekt.
Wir verfolgen also Bridget und lächeln – und haben schließlich doch Spaß. Dies ist also ein eher gelungenes Chick-Lit Buch, wenn man einmal über den misslungenen Anfang hinaus ist.
Daher bedaure ich auch einige der strategischen Entscheidungen:
Zweifelhafte strategische Entscheidungen:
Ich habe wirklich manche der Wahlen bedauert. Natürlich liegen diese nur bei der Autorin, aber mal ehrlich, das hat teilweise die Grundlage selbst des Buches gefährdet.
Zunächst einmal, bevor wir von dem Roman sprechen, möchte ich eine Entscheidung ansprechen die ich persönlich befürwortet habe, auch wenn sie allgemein in Frage gestellt wurde: Die Tatsache, dass Bridget nun über fünfzig ist. Es war ja nun schon nötig, dass Helen Fielding, die am Ursprung der Mode der „Chick-Lit“ sitzt, etwas Neues bringt, und das hat sie hiermit. Sie hat damals aus den Dreißigjährigen die neuen „Jungen“ gemacht.
Ich habe mit einer Bridget zwischen 40 und 45 gerechnet. Die Grenze der Fünfzig zu überschreiten war mutig! Und gut!
Denn die dreißigjährigen Single-Frauen, die kennen wir ja jetzt (und das auch dank Helen Fielding).
Die sexy und junggebliebenen Vierzigjährigen kennen wir auch – dank den Desperate Housewives.
Helen Fielding bietet uns hier eine neue Kategorie, die überforderten Fünfzigjährigen, und hier stellen wir fest, dass diese eigentlich wie die Dreißigjährigen sind!
Ich stimme also dieser Entscheidung vollkommen zu, auch wenn ich zu Beginn ein etwas seltsames Gefühlt hatte. Warum sollte man denn nicht die Jugend der Fünfzigjährigen zeigen? (und nein, ich gehöre dieser Gruppe noch nicht an, noch länger nicht, ich predige also nicht für meine Gemeinde).
Doch andere Entscheidungen waren weniger überzeugend…
Da war schon einmal die Tatsache, dass Bridget nun eine Witwe ist. Ich verstehe schon, dass die Autorin sie wieder als Alleinstehende darstellen wollte, was ja den Charme ihrer Figur ausmacht, und in einer Ehe hätten wir wohl schwer „unsere“ Bridget wiedergefunden (auch wenn ich denke, dass das Leben in einer Ehe recht heiter sein kann). Also, dass sie wieder alleine ist, okay, das verstehe ich. Aber musste Marc Darcy wirklich sterben? Witwen sind (glücklicherweise) seltener als getrennte oder geschiedene Frauen, und Bridget Jones, das sind schließlich WIR, sie ist was wir alle sind, deswegen lieben wir sie ja.
Hier ist sie nun, durch ihren Status als Witwe eines Mannes, den sie bis zum Schluss über alles liebte und der in beinahe heldenhaften Umständen verschwand, außer Reichweite! Sie wird zu einer Frau, die eine perfekte und harmonische Ehe führte, die ihren Mann liebe, deren Ehemann sie nicht betrogen hat und sie auch liebte, mit zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen. Einfach perfekt. Genau was wir nicht haben.
So ist sie als nicht mehr „wir“!
Dann wird sie also zur „Witwe“ um wieder in unsere Reichweite zu kommen… doch das funktioniert nicht. Es ist zu spät. Das war ein Fehler.
Bridget hätte wie WIR sein sollen: Mit einem komplizierten Eheleben, weitab von der Harmonie die wir zwischen ihr und Marc vermuten, und an die wir ein wenig zu häufig erinnert werden. Meiner Meinung nach wäre eine Scheidung mit Streitereien um die Kinder sinnvoller gewesen, dass die beiden sich gegenseitig die Schuld an den Läusen zuschieben usw. usw., kurz, dass man das Leben von Millionen an Frauen wiederfindet, die dies Tag um Tag erleben und diesen Alltag so in einem lustigen Licht erscheinen zu lassen, damit wir über uns selbst lachen.
Aber hier…
Also, ein schlechter Anfang und ein wirklich zweifelhafter Ausganspunkt!!!
Dann kommt noch die vollkommene Inkompetenz bei der Arbeit hinzu, die wir bei Bridget vorfinden. Ich weiß nicht, dass sie mit Dreißig ein wenig wirr und ungeschickt war, das war rührend. Aber jetzt, in ihrer Arbeit, ist sie so unglaublich inkompetent dass man sich fragt wie es sein kann, dass sie noch Kunden hat! Sie ist unfähig Drehbücher zu schreibe, oder auch nur einen Titel korrekt zu verfassen. Es gibt ja trotz allem noch eine gewisse Realität, und mit fünfzig Jahren denke ich hat man ein Minimum an Erfahrung und Kompetenz angesammelt, in welcher Sparte man auch immer arbeiten mag. Das war einfach nicht glaubhaft. Es war so lächerlich dass es eigentlich schon peinlich wurde.
Helen Fielding hätte bei den Bitten um völlig unangebrachte Korrekturen ihrer Arbeitgeber bleiben sollen, und sich nicht für eine solche Inkompetenz entscheiden.
Von diesen drei schwarzen Punkten abgesehen, gibt es noch ein paar Punkte die ich als „grau“ bezeichnen würde: Hierzu würde ich zum Beispiel die ständigen Erinnerungen an Mark zählen wie auch die Allgegenwärtigkeit der Läuse.
ABER DER REST WAR GUT!
Wirklich.
Wenn man einmal über die Hürde der ersten Seiten hinaus ist (was nicht unbedingt so einfach ist, so schlecht fand ich sie), fängt sich die Autorin, Bridget wird wieder Bridget, mit ihren Stärken und Schwächen und natürlich ihren Missgeschicken, die uns zum lächeln bringen.
Dass sie nun eine Cougar ist und mit einem zwanzig Jahre jüngeren Mann ausgeht, das ist eine Wahl die ich wohl nicht getroffen hätte, aber Helen Fielding hat dies getan und sie sitzt ja hinter der Feder. Ich finde das weder gut noch schlecht, das habe ich einfach mal so hingenommen. Das muss dann jeder fÜr sich entscheiden.
Ich möchte nun doch erwähnen, dass es Punkte gab, die mir gefallen haben: Nehmen wir einmal Daniel (Bridgets ex-Chef, in den sie mit dreißig so schrecklich verliebt war). Daniel ist immer noch da, er hat eine Peter Pan Seite und will einfach nicht älter werden, aber auf eine wirklich rührende Weise. Er ist vielleicht ein wenig karikaturenhaft, aber dennoch rührend – und erstaunlich glaubhaft.
Ansonsten ist der Roman natürlich furchtbar vorhersehbar (wir wissen alle von Beginn an wie er enden wird), aber wie ich schon (mehrfach) erwähnte ist das in diesem Typ Buch ja gang und gäbe, das stört also nicht weiter.
Insgesamt muss man nur tapfer die Hürde des ersten Kapitels hinter sich bringen, und schon wird auch dieser dritte Band der „Bridget Jones“-Bücher wirklich nett.
Er ist selbstverständlich weit entfernt von dem ersten Band, aber man erkennt klar den Stil der Helen Fielding wieder, wie auch Bridget, und man verbringt ein paar entspannende Momente.
Die doch harten Kritiken aus Großbritannien waren meiner Meinung nach übertrieben. Sicher grundsätzlich begründet, aber weit über das Maß geschlagen.
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