Der Roman von den Auswanderern (Vilhelm Moberg) – Eine kleine Einführung

Eine ganze Rubrik nur für eine einzige Saga! Ja, wirklich. Ich hatte zunächst an einen einzigen Artikel gedacht, aber der wäre dann doch zu lang und ich habe also diese Idee schnell aufgegeben und mich für eine Einleitung entschlossen, die einen ersten Eindruck gibt und auf welche dann die Kommentaren zu den einzelnen Büchern folgt.

Das erschien mir einfach praktischer und übersichtlicher, und das ermöglicht dem Leser erst einmal einen Gesamteindruck zu bekommen und dann eventuell einen Einblick in einzelne Bände zu gewinnen – oder auch sich noch einmal ins Gedächtnis zu rufen was im vorherigen Buch geschah, wenn er eine Pause eingelegt hatte.

Bevor ich Ihnen nun diese Saga kurz vorstelle, möchte ich etwas Wesentliches vorausschicken: Es handelt sich um eine fantastische Saga mit einem unglaublichen Ende, ein absolutes MUST READ bis zur letzten Zeile.

Allgemeine Einleitung der Saga:

In diesem wirklichen Epos begleiten wir eine Gruppe schwedischer Familien, die ihr zu hartes Leben in der Heimat satt haben und sich entschließen, nach Nordamerika auszuwandern, ein Land, dessen Namen sie kaum kennen und über das sie nicht mehr wissen als was sie aus in einem Buch gelesen, welches einer der zukünftigen Auswanderer ergattern konnte und nur reichlich ausgeschmückte Beschreibungen enthält.

Diese Saga begleitet nun also, Etappe um Etappe, sogar Schritt um Schritt, diese kleine schwedische Gruppe auf ihrer gesamten Emigration: Zunächst erleben wir mit Ihnen, wie die Idee in ihnen aufkeimt, ihr Land, in dem sie nicht mehr glücklich sind, zu verlassen, die Vorbereitungen, dann die Reise, lang und voller Gefahren, welche sogar zwei ganze Bände der Saga benötigt. Dann ihre Ansiedlung in einem weitab isolierten Ort, den Aufbau einer kleinen schwedischen Gemeinschaft, wir erleben mit ihnen die harten Lebensbedingungen, wie ihre Gemeinschaft sich vermehrt, wir sehen wie sie sich in Amerika engagieren, die Religionskämpfe ….

Diese Bücher beschreiben ein menschliches Abenteuer, das von einfachen Männern und Frauen, wie Karl Oskar und Kristina, die Zentralfiguren dieser Reise.

Um dieses Paar und deren Familie herum baut sich die Geschichte einfacher Farmer auf, die ihre Heimat verlassen haben um sich in der Unendlichkeit Nordamerikas anzusiedeln. Die Saga der Auswanderer geht aber noch viel weiter.

Wenn auch die Geschichte genau diese ist, die das Leben dieser mutigen Schweden beschreibt, so nehmen wir anhand ihrer Abenteuer weiter auch an der tiefen Entwicklung aller Charaktere Teil, die diese erleben werden, denn sie werden sich alle verändern, jeder wird seine wahre Natur erkennen müssen, seine Stärken aber auch seine Schwächen, ein jeder wird seine eigenen Dämonen genauso bekämpfen müssen wie die Tücken der oftmals feindlichen Gegend.

Diese Entwicklung der Romanfiguren zieht sich durch die gesamte Saga, die uns also nicht einfach einen faszinierenden Moment in Amerikas Geschichte beschreibt, sondern sich weiterhin erfolgreich bemüht uns jede Romanfigur und seine Persönlichkeit nahe zu bringen, ohne den einen Aspekt dem anderen zu opfern.

Das Ergebnis ist ein einfaches aber unglaublich ergreifendes Buch.

Weiterhin lernt der Leser sehr viel über die Entwicklung Amerikas, die Lebensbedingungen der Pioniere, den Zivilkrieg, die Streitereien zwischen den Religionen, den Indianeraufstand, die Währungskrise und die Erfindungen dieser Zeit, wie Kochherde, Nähmaschinen, Petroleum-Lampen und vieles andere, all die Dinge die uns so selbstverständlich erscheinen die es aber damals noch nicht gab.

Man merkt, dass der Autor seine Recherchen sehr ernst genommen hat. Von den zwölf Jahren, die Vilhelm Moberg für die Verfassung dieser Saga gebraucht hat, wurde sicher ein Großteil auf die Dokumentation verwandt. Die Beschreibung der Lebensbedingungen, der historische Hintergrund, die Grüngung der Gemeinschaft an den Ufern des Chisago-Lake, der Aufbau der Centr-City, die ersten Einwanderer, all das ist auf wahre Fakten begründet.

Der Autor hat es vollbracht, auf der Basis von all diesen Informationen eine menschlich wertvolle Geschichte zu schreiben die uns in keinem Moment mit historischen Details zuschüttet und dennoch ist alles, bis in die kleinste Kleinigkeit, mit diesem Wissen behaftet.

Wir müssen keine trockene Litanei über Geschichte ertragen, wir lesen einen Roman in dem die Heldenfiguren genauso einfach sind wie die Feder, die sie beschreibt, und alles ist geschickt gemeinsam in eine einzige Handlung eingestrickt, die dadurch zu einem wirklichen Meisterwerk seiner Art wird.

Wenn Sie nun vor dieser Saga stehen, bin ich sicher, dass Sie sich fragen: „Soll ich mich nun in dieses Abenteuer wagen und die Lektüre von vier (oder acht, je nach Land, siehe Ende des Artikels) Bänden in Angriff nehmen? Vier dicke Bücher mit historischem Hintergrund?“

Da kann ich Sie sofort beruhigen: Die Lektüre ist angenehm und mühelos, die Worte sind bedacht und einfach ausgewählt, die Geschichte fließt sanft durch die Bände und schreitet voran wie das Leben, ganz natürlich eben. Es gibt hier keine schweren Lesemomente, keinen Moment in der man der Geschichte überdrüssig wird.

Jeder Band fügt ein Element zu dem Gesamtwerk hinzu, beschreibt eine unterschiedliche Stimmung, hebt einen anderen Punkt hervor während die Handlung ruhig weiterläuft.

Wenn Sie dieser Sage gegenüberstehen, sagen Sie sich vielmehr dass sie die Lektüre von vier (acht) fantastischen Romanen erwartet!

Beim Lesen dieser Geschichte hatte ich auch das Gefühl, dass sie an Intensität zunimmt. Der erste Band ist sehr nett, man lernt die Romanfiguren eine nach der anderen kennen, man schließt sie ins Herz, dann folgt man ihnen auf das Schiff und der Reise auf der alle ihre Überzeugungen ins Wanken gebracht werden. Im zweiten Band merkt man dann, dass es nun unmöglich ist diese Saga aus der Hand zu legen ehe man nicht die letzte Zeile gelesen hat – und bis zum Ende wird diese Saga es vollbringen uns zu überraschen!

Die zwei Teile, die ich jetzt am wenigsten packend fand waren der zweite teil des ersten Volumens („Die Auswanderer “) und der erte Teil des letzten („Der letzte Brief nach Schweden“). Dafür waren dann aber die folgenden Bände jeweils umwerfend und mehr als packend (Band 2 « In der neuen Welt » und der zweite Teil des letzten Bandes „Der letzte Brief nach Schweden“).

Überhaupt muss ich sagen, dass der zweite Teil des letzten Bandes beeindruckend war und mich zutiefst berührt hat, denn dieses Ende hat mein gesamtes Bild der Geschichte, die ich gerade gelesen hatte, vollkommen verändert! Aber das muss nun jeder für sich selbst entscheiden.

Kurzum, diese Saga erlebt gemeinsam mit den Auswanderern einfach alles, man entdeckt gemeinsam mit ihnen die kleinste Schwierigkeit, man stellt sich dem Ungewissen, man erlebt ihre Hoffnungen und wir lächeln vielleicht über ihre Naivität, bewundern aber ihren Mut. Und wir weinen vor so manchem Drama, welches unsere Freunde erschüttert.

Die Auswanderer, die in diesem Buch beschrieben werden, waren zum größten Teil Farmer, Mitte des 19ten Jahrhunderts, einfache Männer und Frauen die zuvor niemals ihre Heimat verlassen hatten und das Meer erst recht noch nie gesehen hatten. Und genau diese sind es, die sich nun nach Amerika wagen mit dem Ziel vor Augen, die ferne, fruchtbare Erde Minnesotas zu erreichen. Aber nicht alle verfolgen denselben Traum: Manche denken an das Gold, das man in Kalifornien finden kann, denn dort, sagt man, braucht man sich nur zu bücken um die Goldklumpen aufzuheben. Man bückt sich dort nicht einmal mehr für Goldstücke die kleiner als eine Haselnuss sind….

Und so leben wir inmitten der Gruppe der schwedischen Pioniere.

Manchmal schütteln wir den Kopf vor ihrer Dummheit, manchmal staunen wir mit offenem Mund vor ihrem Einfallsreichtum.

 

Das Gesamtwerk bringt einen jedoch zum Nachdenken. Die Menschlichkeit der Erzählung hat zum Ergebnis, dass ich auf der letzten Seite des letzten Bandes Tränen in den Augen hatte, also ich das Leben derer betrachtete, die nun meine Freunde geworden waren.

Es handelt sich hier also um ein großartiges menschliches Abenteuer, welches uns mit großem Geschick erzählt wird.

Nun kennen Sie, im wesentlichen, die Grundsteine dieser Saga, deren acht Teile ich nun genauer beschreiben werde.

Jeder Teil entspricht einer Etappe des Lebens der schwedischen Pioniere. Sie sind gekommen um Amerika zu verändern, doch Amerika wird sie genauso verändern.

Um dieser Sage, für deren Verfassung der Autor immerhin zwölf Jahre gebraucht hat, wirklich gerecht zu werden denke ich dass ich es nicht umgehen kann, die acht Teile und damit die acht Bücher zu unterscheiden, die in der französischen Version veröffentlicht wurden, denn jedes ist unterschiedlich und unterstreicht einen anderen Aspekt des Lebens der Pioniere, die Schweden verlassen haben um sich am Ufer des Chisago-Lake anzusiedeln.

 

* Ich möchte Sie nun darauf aufmerksam machen, dass meine Kommentare zu den jeweiligen Romanen und Romanteilen unweigerlich Spoiler enthalten und so eventuell nicht gelesen werden sollten.

Ich rate jedoch insbesondere zu deren Lektüre, sollten Sie aus irgendeinem Grund einen Band nicht gelesen haben oder auch eine Pause zwischen den Bänden eingelegt haben, denn meine Artikel werden es Ihnen so ermöglichen, sich sofort wieder in die Saga einzulesen und die Geschichte weiter zu verfolgen.

 

Diese unglaublich beeindruckende Saga setzt sich aus acht Teilen zusammen, die in der französischen Version (FV) in acht Bänden verlegt wurden (zumindest von dem Verlag « Gaïa ») und die ich nun in den folgenden Artikeln eins nach dem anderen kommentieren werde – wobei diese Teile in Deutschland – wie auch in der Originalversion – in vier Bänden zusammengefasst wurden, und zwar wie folgt:

Band 1 – « Die Auswanderer »
FV 1 : Au pays
FV 2 : La Traversée
Band 2 – « In der neuen Welt »
FV 3 : Le nouveau monde
FV 4 : Dans la Forêt du Minnesota
Band 3 – « Die Siedler »
FV 5 : Les pionniers du lac Ki-Chi-Saga
FV 6 : L’or et l’eau
Band 4 – « Der letzte Brief nach Schweden »
FV 7 : Les épreuves du citoyen
FV 8 : La dernière lettre au pays natal

Ich muss dies so genau beschreiben, da ich sonst der Dualität meines Blogs nicht gerecht werden kann.

Und als sei das alles nicht genug, muss ich jetzt auch noch hinzufügen, dass es in Frankreich (schon wieder!!) noch eine weiter Fassung gibt, die diese Sage in ….. fünf (!!) Bänden zusammenfasst, das ist dann das Taschenbuchformat (Verlag „Livre de Poche“), und diese Bände setzten sich dann wie folgt zusammen:

Die beiden ersten Bücher gleichen denen der anderen französischen Fassung, zwei Teile für zwei Bücher.

Ab dem dritten Band dann hat das Taschenbuchformat je zwei Bücher in einem gemeinsam herausgegeben (wie in Deutschland), und das wären dann:

Band 3 „La terre bénie“

Band 4 „Les pionniers du Minnesota“

Band 5 „Au terme du voyage“.

Man kann allerdings beide Fassungen problemlos miteinander mischen, denn die Teile sind ja dieselben.

Ich möchte erwähnen, dass (zumindest in Frankreich) manche dieser Bücher beizeiten etwas schwierig erhältlich sind.

 

PS: Ich möchte mich noch einmal herzlich bei Sylvie für diesen guten Lese-Tip bedanken!

 

 

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