C.J. Sansom – Die Schrift des Todes
Originaltitel: Lamentation
Meine Bewertung: 9,5/10
Ein unglaubliches sechstes Buch.
Noch dunkler, noch härter, noch beunruhigender.
Dieser Band ist bis in die kleinsten Details äußerst gelungen, der Plot und die Geschichte (mit einem historischen „G“) sind gut ausgearbeitet und die Spannung nicht nur allgegenwärtig sondern auch steigend. Vor allem aber ist die Stimmung noch düsterer als sonst. Vielleicht liegt es daran, dass dies der erste Band der Reihe ist, den ich in der OV lese? Aber das glaube ich eigentlich nicht, ich denke eher, dass der Autor es vollbracht hat, den Leser noch tiefer in diese dunkle Epoche zu ziehen.
Aber nun zum Plot:
Schon mit dem ersten Kapitel tauchen wir erneut in diese schreckliche Zeit unter Henry VIII ein, denn wir wohnen der Hinrichtung Anne Askews auf dem Scheiterhaufen bei. Wenn Sie des Öfteren historische Romane aus dieser Zeit lesen – oder auch wenn Sie die Fernsehserie der „Tudors“ verfolgt haben – werden Sie sich sicher, vielleicht nur vage, an diese Frau erinnern: Sie ist es, die für Ketzerei verurteilt und dann gefoltert wurde, bevor sie lebendig verbrannt wurde – im Sitzen, da sie nach der Streckbank nicht mehr stehen konnte. Schon damals war dies ein Skandal. Der allerdings Anne Askew nicht gerettet hat.
Doch es ist nicht dieser Fall der Matthew Shardlake, den buckeligen Anwalt, beschäftigt.
Die Königin lässt ihn zu sich rufen und vertraut ihm eine extrem gefährliche Aufgabe an, denn diese betrifft die Religion. Und alles, was auch nur entfernt mit Religion zu tun hat, kann im Tower enden – oder auch auf dem Scheiterhaufen.
Catherine hat ein Buch geschrieben „die Wehklagen einer Sünderin“ in dem sie von ihren Zweifeln, ihren Sünden und ihrem Glauben spricht. Dieses Manuskript ist nicht wirklich ketzerisch, doch gefährlich nahe daran. Dies wäre alles nicht so schlimm – wenn dieses Buch nicht spurlos verschwunden wäre! Dabei hatte die Königin es in einer verschlossenen Truhe verborgen, deren einziger Schüssel immer an einer Kette um ihren Hals hing. Und wie konnte jemand es stehlen, wenn doch niemand auch nur von der Existenz dieses Werkes wusste!?
Wer also hat es entwendet?
Die Königin fürchtet, dass sollte der König erfahren, dass sie ein solches Werk verfasst hat, dass dies gestohlen wurde, dass auch sie dann dem Scheiterhaufen entgegensehen könnte.
So lebt sie in der ständigen Angst, dass dieses Manuskript wieder auftaucht.
Matthew Shardlake, begleitet von seine treuen Assistenten Barak und dem jungen Nicholas, folgen also der Spur dieser „Schrift des Todes“ und müssen sich so auf gefährliche Pfade begeben, auf denen sie radikale Religionsanhängern begegnen, und nicht nur ….
Die Hofpolitik, die Intrigen der Mächtigen, die religiösen Ideen, die Spione … wo immer sie sich auch hinwenden, sie werden auf Schritt und Tritt von Feinden beobachtet und riskieren so ihr Leben.
Und schließlich scheint dieses verschollene Buch dann doch mit Anne Askew in Zusammenhang zu stehen – was die Recherchen noch gefährlicher macht.
Während wir so unseren Romanhelden in das Labyrinth der Manuskript-Suche folgen begegnen wir, wie immer, den Mächtigen wie auch den Ärmsten dieser Zeit und können einen Blick hinter die Kulissen des Thrones werfen – aber auch des Towers mit seiner opportunistischen Gerechtigkeit…
Ein bedrückender und schwarzer Roman
Wir sind es gewohng, in dieser fantastischen Reihe schreckliche Momente zu erleben.
Aber dieser Band geht noch weiter. Schon in den ersten Seiten ist die Atmosphäre noch beängstigender und schwärzer. Vielleicht ist es Anne Askews Scheiterhaufen, dessen Geruch die Seiten nie ganz verlässt? Ich glaube es nicht, aber das trägt sicher dazu bei.
Die Angst verlässt und auf keiner Seite. Wir fürchten uns für Matthew Shardlake, seine Freunde, wir zittern für zweitrangige Romanfiguren denen wir nur kurz begegnen.
Und leider sind unsere Befürchtungen oftmals gerechtfertigt.
Dieser Roman erspart uns nichts, furchtbare Augenblicke und zu lebhafte Bilder die unseren Herzschlag nur antreiben können, und das bis zur letzten Seite.
Es kam vor, dass ich tatsächlich mit offenem Mund vor diesem Roman saß. Denn ja, dieses Buch ist unendlich packend.
C.J. Sansom ist hier zu Bestform aufgelaufen, mit seinem perfekt ausgeklügelten Plot, der geschickt Religion mit politische Hofintrigen mischt, der gekonnt bekannte Figuren aus der Geschichte mit fiktiven Charakteren verbindet.
Ich fand es einfach umwerfend. Bis hierhin der beste Band dieser Reihe.
Auch wenn ich mich jetzt erst einmal von dessen Lektüre erholen muss, die mir ein dumpfes Gefühl im Magen gelassen hat.
Ich hatte eigentlich vor einen Thriller zu lesen – aber ich denke ich werde nun doch zunächst eine nette, leichte Liebesgeschichte vorziehen.
Ein Must Read!
In der « Matthew Shardlake » – Reihe sind bis zum heutigen Tag folgende Titel erhältlich:
- Pforte der Verdammnis (Dissolution)
- Feuer der Vergeltung (Dark Fire)
- Der Anwalt des Königs (Sovereign)
- Das Buch des Teufels (Revelation)
- Pfeil der Rache (Heartstone)
- Die Schrift des Todes
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