Bernard Minier – Wolfsbeute
Originaltitel: N’éteins pas la lumière
Meine Bewertung: 6/10
„Wolfsbeute“ ist ein Roman, den ich eher enttäuschend fand, vielleicht auch weil meine Erwartungen nach dem bedrückenden „Schwarzer Schmetterling“ (dem ersten Roman des Autoren) einfach zu hoch waren, vielleicht aber auch wegen der sehr großen Ähnlichkeit der ersten Romanhälfte mit dem sehr gelungenen „Die Flügel, mein Engel, zerreiß’ ich dir“ von Karine Giebel (ich werde kurz darauf zurück kommen). Jedenfalls erschien mir insgesamt ein wenig fade.
Dennoch bleibt dieser Thriller gut geschrieben und jene, die Giebel nicht gelesen habe, werden ihn sicher klar beeindruckender finden.
Der Plot:
Christine Steinmeyer, die in Toulouse eine Radiosendung moderiert, bereitet sich auf ihre erste Weihnachten bei den Eltern ihres Verlobten vor, als sie den Brief einer Frau erhält, die ihren Selbstmord ankündigt. Diese Nachricht scheint versehentlich in ihrem Briefkasten gelandet zu sein doch sie bemüht sich dennoch schnell den wirklichen Adressat zu finden, leider erfolglos. Schließlich ist der Druck des ersten Treffens mit ihren zukünftigen Schwiegereltern zu groß und sie beendet ihre Recherchen, die sowieso aussichtslos scheinen.
Am nächsten Tag jedoch beschuldigt sie ein Hörer live in ihrer Sendung, dass sie eine Frau habe sterben zu lassen…. und das ist nur der Beginn: Christine erhält Drohungen, seltsame Vorfälle häufen sich, wie zum Beispiel ihr Hund der verschwindet um dann verletzt in einer Mülltonne wieder aufzutauchen. Langsam bricht Christines gesamte Existenz zusammen, denn sie vermag es nicht die Identität des Stalkers zu ermitteln oder sich gegen ihn zu verteidigen. Zudem glaubt ihr natürlich niemand.
Vielleicht kann Martin Servaz ihr helfen, den wir unter anderem aus „Schwarzer Schmetterling“ kennen und der sich im Moment von einer Depression erholt? Nur dass dieser nicht weiß, dass hier eine Gefahr droht die mit seinen eigenen, eher privaten Ermittlungen in Verbindung steht….
Meine Meinung:
Naja, also, ich war ehrlich enttäuscht. Ich war so von „Schwarzer Schmetterling“ begeistert, mit seiner kalten und bedrückenden Stimmung, dass ich dachte, dass ich hier, mit einem Thema wie einem geheimnisvollen Stalker, von „Wolfsbeute“ nur mitgerissen werden könnte.
Leider jedoch muss ich sagen, dass die erste Hälfte des Romans, jene, die dem Stalking gewidmet ist dem Christine Steinmeyer zum Opfer fällt, mit seinen mehr oder weniger subtilen Ereignissen, dem Netz des Stalkers, welches sich immer enger um sein Opfer zusammen zieht, nun, diese erste Hälfte ähnelt sehr stark dem Roman „Die Flügel, mein Engel, zerreiß’ ich dir“ von Karine Giebel, den ich vor ziemlich genau zwei Jahren gelesen habe und der so spannend war, dass er mir gut in Erinnerung geblieben ist.
In Karine Giebels Roman beginnt die Spannung auf dem Nullpunkt und baut sich langsam, fast zu langsam auf, um schließlich so beklemmend zu werden dass man kaum atmen kann. Hier jedoch bricht das Opfer schnell zusammen, nach Vorfällen die dabei doch recht offensichtlich inszeniert waren und bei denen das Opfer nicht wirklich daran zweifeln kann was passiert, auch wenn die Menschen, die sie umgeben, ihr nicht glauben.
Mir scheint einfach, dass das Netz des Stalkers sich zu schnell um sie schließt, innerhalb weniger Tage schon scheint es Christine Steinmeyer zu ersticken, wodurch man natürlich nicht dieselbe Stimmung erzielt wie in dem Buch von Karine Giebel wo alles sich langsam aber bedrohlich sicher aufbaut.
Wenn ich „Die Flügel, mein Engel, zerreiß’ ich Dir“ nicht gelesen hätte, ja dann hätte ich natürlich keinen Vergleich aufgestellt, aber hier sind die Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten einfach zu groß, um es nicht zu tun, was leider nicht zu Gunsten von „Wolfsbeute“ ausfällt.
Das ist wirklich sehr bedauerlich, denn das Thema des Stalkers ist wirklich spannend und wenn Sie ein einziges Mal im Leben auch nur von dem kleinsten Beginn von Stalking betroffen waren, dann können Sie sich leicht vorstellen, was die Opfer ertragen müssen. Dies ist ein Thema, das eigentlich für einen Autoren wie Bernard Minier wie geschaffen ist! Da rührt auch sicher meine Enttäuschung her, zu sehen, dass ein anderer Schriftsteller das so viel besser gemacht hat!
Nach dieser ersten Hälfte treffen wir auch wieder auf überraschende Handlungswendungen die sich leicht verfolgen lassen, und natürlich ist es auch schön wieder Martin Servaz wieder zu „sehen“.
Der zweite Teil des Buches ist tatsächlich und glücklicherweise sehr anders als „Die Flügel mein Engel….“ , was es dem Roman auch ermöglicht neuen Schwung zu gewinnen; obwohl die „Offenbarung“ zwar relativ vorhersehbar war, so bleibt alles andere doch angenehm genug um einem Lust auf den nächsten „Bernard Minier“ zu machen.
Dennoch trennt eine Kluft diesen Roman von „Schwarzer Schmetterling“, der mir damals fast den Atem geraubt hat (außer dem Ende, das mir nicht so gefallen hatte).
Ich befürchte, dass mein Beitrag Ihnen jetzt nicht besonders viel Lust auf diesen Roman gemacht haben, der dabei wirklich nicht schlecht ist und zu dem ich trotz alledem rate – aber vielleicht habe ich sie ja davon überzeugt, „Die Flügel, mein Engel, zerreiß’ ich Dir“ zu lesen, wer weiß?
Ich würde mich über IHRE Eindrücke freuen, besonders, wenn Sie diesen Roman gelesen haben ohne K. Giebel zu kennen (die diesen Beitrag ja etwas dominiert hat)!!
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