Jane Austen – Stolz und Vorurteil

Originaltitel: Pride and prejudice

Bewertung: Zeitlos

Wenn ich nun schon dabei bin, „Klassiker“ zu kommentieren, dann möchte ich nun meinen Lieblingsroman von Jane Austen vorstellen: Stolz und Vorurteil (Pride and prejudice in der OV).

Dieses am Anfang des XVIIIème Jahrhunderts veröffentlichte Buch hatte einen enormen Erfolg – und hat ihn noch heute. Und das obwohl es sich um das Leben einer jungen Frau zu einer Zeit handelt, in der das oberste Ziel im Leben der Frau war gut zu heiraten…

Die genaue und anmutige Schreibweise Jane Austens sowie ihre perfekte Schilderung der Gefühls- und Gedankengänge von Elisabeth, der Romanheldin machen aus diesem Buch einen fesselnden und zeitlosen Roman. Denn dieselben Gedanken beschäftigen uns noch heute, dieselben Gefühle lassen uns im Alltag erbeben.

Nein, die Gefühle und Gedanken haben sich nicht verändert. Und sowohl der Stolz als auch die Vorurteile halten uns noch heute, wie schon im XVIIIème Jahrhundert, in unserem eigenen Käfig gefangen.

Der Stolz hält uns davon ab, den ersten Schritt zu tun, unsere Selbstgefälligkeit hält uns davon ab über unsere Nase hinaus zu sehen, die Vorurteile, so leicht zu fassen, hindern uns daran den Dingen auf den Grund zu gehen und bilden schnell ein fast unbezwingbares Hindernis.

Die Handlung:

Im Mittelpunkt dieses Buches haben wir die Familie Bennet und den festen Willen von Mrs. Bennet ihre fünf grundverschiedenen Töchter zu verheiraten:

Elisabeth, die zentrale Romanfigur, ist das zweie der fünf Mädchen und auch die intelligenteste, doch sie ist auch diejenige, die sich am meisten nach Unabhängigkeit sehnt.

Jane ist die hübscheste der fünf Schwestern aber auch die zurückhaltendste, die vernünftigste, diejenige der Schwestern, die sich den gesellschaftlichen Konventionen am perfektesten anpassen kann, die liebste, denn sie versucht niemals jemanden zu verurteilen oder zu verletzten.

Für Mary spricht nichts. Sie ist nicht sonderlich hübsch, sie liest viel, besitzt aber nicht ausreichend analytischen Verstand um mehr daraus zu machen, als Gemeinplätze und Plattitüden zu zitieren. Sie denkt musikalisch begabt zu sein, besitzt aber gar kein Talent. Sie ist die unsympathischste der Schwestern.

Catherine ist die oberflächlichste und vielleicht sogar die dümmste. Da es ihr ein wenig an Selbstsicherheit mangelt, folgt sie ihrer kleinen Schwester, auf die sie vermutlich sogar ein wenig neidisch ist.

Die jüngste der Schwestern ist Lydia, und sie besitzt auch alle Fehler der Jugend. Sie ist oberflächlich, sie denkt niemals nach bevor sie agiert oder spricht, sie ist nicht gerade von hoher Intelligenz. Sie flirtet gerne mit jungen Offizieren und ihr Verhalten in der Öffentlichkeit ist oftmals beschämend.

Das Familienoberhaupt ist zweifellos Mr. Bennet, ein intelligenter, bedachter Mann. Er hat durchaus erkannt, dass seine zwei ältesten Töchter einen gewissen Esprit besitzen und verbirgt seine Gefühle seinen jüngeren Töchtern und deren Dummheit gegenüber nicht. So ist er auch nicht sonderlich stolz auf seine Frau, welche ihm intellektuell nicht im geringsten das Wasser reichen kann.

Und damit haben wir nun die ganze Familie Bennet mit ihrer Suche nach den perfekten Schwiegersöhnen.

Als Mr. Bingley, ein junger und reicher Junggeselle, neben ihnen einzieht ist es somit leicht sich vorzustellen, dass Mrs. Bennet nicht lange wartete ehe sie ihre Töchter hinüberschickt. Mr. Bingley ist wirklich der perfekte Mann für wenigstens eine von ihnen.

Leider ist er nicht alleine: Er wird von zwei seiner eher eingebildeten Schwestern begleitet sowie von seinem besten Freund, Mr. Darcy, dessen offensichtlicher Stolz und Hochmut die impulsive Elisabeth umgehend verärgern. Denn Darcy ist ein wortkarger, arroganter und selbstgefälliger Mann.

Und so baut sich der Roman auf: Jane fühlt sich von Mr. Bingley angetan, doch ihr sanfter Charakter hält sie davon ab dies klar zu zeigen. Dennoch bahnt sich eine Beziehung an …

Gleichzeitig stört sich Elisabeth immer mehr an Mr. Darcy – der soweit geht es abzulehnen, bei einem Ball mit ihr zu tanzen, womit er sie in ihrem Stolz verletzt.

Die schlechte Meinung die Elisabeth von Mr. Darcy hat festigt sich immer mehr und so glaubt sie schnell an die negativen Gerüchte über diesen Mann … Ihre schlagfertigen Antworten ihm gegenüber sind denkwürdig.

Seinerseits fühlt sich Mr. Darcy gegen seinen Willen von dem scharfen Verstand der jungen Frau angezogen, aber als sie ihn abweist, kehrt er ihr den Rücken zu.

Die Geschichte ist voller Details, es ist unmöglich sie weiter zusammenzufassen, ich habe hier nur den allgemeinen Rahmen vorgestellt.

Die Beziehungen der Romanfiguren erleben Höhen und Tiefen, unausgesprochene Worte gefährden sie noch ehe sie entstehen….

Es fehlt auch nicht an langweiligen, ja gar lächerlichen Verehrern, die man versucht so freundlich wie möglich abzuschütteln.

Jane Austen beschreibt den Werdegang unserer Gefühle mit solch einer Genauigkeit, dass es einem fast unheimlich wird. Diese Verachtung, die man jemandem gegenüber empfindet, dann diese Anziehungskraft die dieselbe Person auf uns ausübt wenn sie außer Reichweite ist, die Eifersucht, den Stolz, und immer diesen Willen seine Würde in jeder Situation aufrecht zu erhalten. Und diese Erleichterung, wenn man endlich offen sprechen kann – und das unglaubliche Gefühl wenn man erkennt, dass man von seinen eigenen Fehlern geblendet wurde.

 

Auch wenn Jahrhunderte vergangen sind (ja, gut, zwei, aber immerhin) bleit dieses Buch zeitlos. Wenn Sie es in einen moderneren Kontext übertragen begegnen sie denselben Emotionen wieder.

Man merkt auch schnell, dass die Autorin keine hohe Meinung von Menschen mit einer mittelmäßigen Intelligenz hatte, wie z.B. Mrs. Bennet oder Mr. Collins, wobei letzterer schon fast eine Karikatur gleicht.

Gleichzeitig beschreibt sie liebevoll die Charaktere, die ihr am Herzen liegen – und das sind systematisch die intelligentesten Figuren, wie Elisabeth. Mr. Darcy bleibt in den Augen des Lesers trotz seiner Arroganz und seiner oft verletzenden Worte anziehend und geheimnisvoll. Man kann sich nicht davon abhalten, von diesem Mann fasziniert zu sein.

Die Eigenart des Schreibstils von Jane Austen ist seine Genauigkeit. Sie ist in allem, was sie beschreibt, präzise, sei es ein Ort, eine Person oder eine Emotion. Und alles trägt einen leichten Hauch Humor mit sich.

Es handelt sich hier einfach um ein wunderbares Buch. Das ist es, was ich Literatur nenne!

Ich möchte dennoch alle Leser, denen dies möglich ist, dazu auffordern die Originalversion vorzuziehen, denn die Übersetzungen sind nicht unbedingt sehr gelungen und die Feinheiten können verlorengehen. Einen übersetzten Jane Austen-Roman zu lesen ist wie ein Glas Champagner zu trinken nachdem man kurz zuvor ein Fishermans Friend gelutscht hat. Die Essenz verfliegt.

Es ist mir hier natürlich nicht möglich eine Note zu geben: Ein großen Klassiker wie dieser verdient nun wirklich mehr als eine kindische Benotung meinerseits.

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